Moin zusammen,
wegen der vielen Nachfragen, jetzt der Bericht über mein Langdistanzrennen in Köln. Anfangen sollte ich dabei im Juli 2008, als ich mich entschied in Roth 2009 zu starten. Gesagt, getan - mitten in der Nacht aufgestanden um mich anzumelden und das unglaubliche ist passiert, ich habe einen Startplatz bekommen. Von da an lief alles wie geschmiert, meine Trainerin :) Judith fing mit mir die Vorbereitung auf Roth im November an. Voller Elan ließen wir es erstmal im Lauftraining krachen, denn was kam war eines unserer größten sportlichen Erlebnisse, wir flogen im November mit meinen Eltern nach New York um dort am NY Marathon 2008 teilzunehmen. Was zu diesem Zeitpunkt keiner wußte, Judith und ich erwarteten unser Ironbaby. Nach Absprache mit verschiedenen Ärzten war klar, wir würden den Marathon und die Reise in Angriff nehmen.
Der Marathon lief super, vor allem meine Mum übertraf alle Erwartungen. Judith und ich liefen im Schongang, den das Baby war unser am aller wichtigsten, nichts riskieren und so liefen wir überwältigt und überglücklich nach 3:50h über die Ziellinie.
Das Training lief weiterhin sehr gut, Erkältungsfrei, Verletzungsfrei und ich wurde immer schneller. Jedoch ein Problem tat sich mit auf, ich konnte soviel trainieren wie ich wollte, ich war einfach mit schwanger und nahm immer mehr zu. Mit 80kg in die Saison im November gestartet wog ich im Februar stolze 89kg... bei vollem Langdistanztraining. Weiterhin wurde uns langsam klar, dass es nicht so einfach ist, schwanger zu sein und gleichzeitig das Leben wie gewohnt weiterlaufen zu lassen. Außerdem fiel der Termin mit Roth fast zeitgleich mit der Geburt unseres Babys zusammen. Also entschlossen wir uns schweren Herzens, den Startplatz in Roth wieder abzugeben. Nach kurzer Recherche entdeckte ich jedoch, dass es in Köln noch Startplätze gab und meldete mich sofort an. Alles hat sich gelohnt, am 10. Juni erblickte unsere Paula, 2 Wochen zu früh, das Licht der Welt. Kern gesund und besser als wir es uns je erträumt hatten.
Kurze Zeit später organisierten wir noch ein Streckenbesichtigungs Tricamp und lernten wirklich tolle Leute dort kennen (siehe letzter Bericht, und alle anderen Dieter, Stefan, der Gladbacher, die Thomasse und alle anderen).
Am 03. September war es dann soweit, wir machten uns auf den Weg nach Köln, die Form stimmte, das Ziel (SUB11) war gesteckt und ich war Hölle-mäßig nervös. Die ganze Zeit begleitete uns schon Philip, der Semesterpause hatte und einige Tage bei uns verbrachte. Er war eine große Hilfe, denn er übernahm die Aufgaben um die ich mich nun wirklich nicht mehr kümmern wollte.
05.September nachts: Untergebracht in der Jugendherberge Riehl, legte ich mich gegen 22h ins Bett, der Wecker auf 04:30h gestellt. Jetzt galt es zu entspannen, vor dem großen Wettkampf. Ich nehme es vorweg, gefühlt keine einzige Minute Schlaf, realistisch vielleicht eine halbe Stunde. Der Wecker klingelte, und es ging los...
06.September: Die Sachen waren gepackt, schnell noch ein reichhaltiges, leckeres Frühstück, es lag ja ein bisschen Arbeit vor mir. Hmmm... eine halbe Scheibe Toast mit Nutella, dafür brauchte ich ca 30Min und in der Porzellanabteilung war ich auch noch nicht. Gut, Frühstück wurde wegrationalisiert, man hat ja genug Gels dabei, und ab aufn Thron ;) Alles Paletti, nun gings zur Strecke.
Als wir ankamen war es noch stock dunkel und 10°C - junge war das kalt. Ein riesen Gewusel von Leuten, ich ging sofort zu meinem Rad und bereitete alles vor. Null Probleme, noch 45min bis zum Start.
Langsam zog ich meinen Neo an, der Puls schon jetzt jenseits der 130bpm. Wir trafen noch viele Tricamper, denen es genauso ging - nur versuchte ich als Trainer das natürlich nicht so zu zeigen - was mir aber nicht gelang. Jetzt nahm ich noch für ein paar Minuten Paula auf den Arm, was mich dann doch schnell beruhigte. 10min noch - es half nichts ich musste jetzt los. Die Hosen gestrichen voll machte ich mich auf den Weg ins Wasser. Ich fackelte nicht lange sondern sprang rein und es war wunderbar - das Wasser war wesentlich wärmer als die Umgebungstemperatur. Das Wassergefühl war auch sofort da und so schwamm ich wie besprochen an den äußersten Rand und wartete auf den Startschuß. Der Fühlinger See füllte sich, aber bis zu mir verirrten sich nur wenige, als auf einmal der Stadionsprecher anfing von 10 runter zu zählen. Da ich noch ca 10 - 20m von der Startlinie entfernt war, fing ich schon mal an zu kraulen und links und rechts von mir wurde ein Feuerwerk abgebrannt. Ich fühlte mich super, kein Körperkontakt zu anderen und ich schien nur so zu fliegen... Schon war die Hälfte erreicht und noch immer kaum jemand um mich herum. So ging es in einem Affenzahn wieder zurück und ich stieg einigermaßen entspannt und Siegesgewiß aus dem Wasser. Das erste was meine Ohren hörten war der Stadionsprechen:"...so, da nun kaum noch jemand im Wasser ist, verabschiede ich mich schon einmal..." - ich blickte sofort auf meine Uhr und mir viel alles aus dem Gesicht. 1h16min - das sind 6 - 10min langsamer als geplant, ich wußte gar nicht wie mir geschah... Macht nichts weiter gehts. Rein in die Wechselzone, verdammt wo ist mein Rad - Anfängerfehler und das mir... aber glücklicherweise schrien Philip und Judith von außen und so fand ich es schließlich. Jetzt noch umziehen, alles lief gut und den Neo in den bereitgestellten Sack packen. Das dauerte, wegen der schmalen Öffnung des Sacks, gefühlte 20 min. Helm auf und ab die Luzie...
Der Radsplit fühlte sich fantastisch an. Mein Tacho zeigte mir ständig zwischen 33 und 40km/h, ich musste mich dabei nicht sonderlich anstrengen und so kam Stück für Stück meine gute Laune wieder zurück. Meine Verpflegungsstrategie, die ich mit krelli im Vorfeld besprochen habe, alle 20-30min etwas zu essen, ging auch bis zum Schluß auf. Auf der Strecke standen dann Judith und Paula, Philip, Tini, Karsten, Nina, Patrick, Martin und Martina und noch viele andere, die mich ständig anfeuerten. Eine tolle Radstrecke, mit einem Part durch die Innestadt von Köln und einem Part durchs Umland - es waren insgesamt 4 Runden. Auf der 4. Runde frischte der Wind auf und mir ging etwas die Puste aus. Schwer kämpfend versuchte ich den 33er Schnitt zu halten, was mir auch gelang - da auf den letzten 20km die Mitteldistanzler mit auf die Strecke kamen und man jetzt nicht mehr alleine war, sondern sich motivieren konnte, einfach nur weil jetzt wieder was los war.
In der Wechselzone angekommen, wechselte ich ziemlich schnell und rannte los. Entgegen meiner Erwartungen fühlten sich meine Beine sehr gut an, nur bekam ich jetzt ein riesiges Kopfproblem. Mein Kopf hat es geschafft mir einzureden, dass ich zu langsam bin, dass alles sch.... ist und ich doch einfach aufhören sollte. So trabte ich - wie gesagt ohne körperliche Problem - in einem 7er Schnitt die ersten 5km entlang, bis ich zur Tricamp-Verpflegungsstelle kam. Dort heulte ich mich bei Judith aus, die meine Probleme offensichtlich verstand, mir aber nur mit auf den Weg gab, jetzt lauf erstmal weiter, beim nächsten Mal sehen wir weiter. Schwups war ich auf dem Rückweg der Strecke, Richtung Dom und schimpfte innerlich, warum ich nicht stehengeblieben bin. Also lief ich die 10km, bis ich wieder bei Judith war. Diesmal nahm mich Ingo in Empfang und lachte mich fast aus, als ich ihm sagte, mir fehle nichts, ich hätte nur keinen Bock mehr. Für diesen Satz bekam ich von Ingo einen Arschtritt und schon befand ich mich wieder auf dem Rückweg, Richtung Dom. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt also schon über 17km hinter mir und wußte, dass es noch min 10km waren bis ich wieder bei Judith und Paula war. Naja jetzt kann ich auch finishen, vor allem, wenn ich jetzt deutlich unter einem 5er Schnitt bleibe, wird noch eine SUB11. Davon angestachelt, begann ich loszurennen, 4:30min pro km. Die Teilnehmer flogen nur so an mir vorbei und ich motivierte mich mit meinen beiden größten Vorbildern nach meinem Dad. Ich sagte mir immer wieder von:" Pain is temporary, but if you give up it lasts forever!" (Lance Armstong) und dazwischen auch immer wieder:"Fly like a butterfly and sting like a bee!" (Muhammad Ali). Das brachte mich Stück für Stück in einem Höllentempo weiter.
Plötzlich quatschte mich jemand an, der kam auch noch von hinten und ich dachte schon ich wäre eingebrochen. "Sorry that I´m talking to you, but it hurts like hell" ich schaute nach links und dachte "Alter, das ist ja Luke Dragsta", also verriet ich ihm meine Tricks mit den Selbstgesprächen und munterte ihn auf, in dem ich im sagte, du hast noch 5km ich noch 25km. Also liefen wir noch quatschend einige 100m nebeneinander her bis er das Tempo verschärfte.
Der Rest ist schnell erzählt. Ich hatte keinen Einbruch mehr, bin ganz stur die 4:30 - 4:45 gelaufen und kam mit 10:54h ins Ziel, fast eine Stunde schneller als bei meinem letzten Ironman in Roth. Ziel erreicht, mir ging es wunderbar und ich bin jetzt, eine Woche danach schon wiede heiß auf nächstes Jahr, wo ich bei der Langdistanz WM in Altenried starten werde...
bis bald
Tricamp Tobi, Tricamp Judith und Tricamp Paula